Die Tradition des Adventskalenders kommt aus dem protestantischen Umfeld. So wurde in religiösen Familien nach und nach 24 Bilder an die Wand gehängt. Beliebt waren auch mit Kreide an die Wand oder Türe gemalte 24 Kreidestriche, bei denen die Kinder täglich einen Strich wegwischen durften. Oder es wurde jeden Tag bis zum Heiligen Abend ein Strohhalme in eine Krippe gelegt. Es gibt auch heute noch Adventskerzen, die jeden Tag bis zur nächsten Markierung abgebrannt werden. Alle diese Dinge dienen als Zählhilfe und Zeitmesser.

 

1901 erwähnt Thomas Mann in seinem Roman "Buddenbrooks" wie der kleine Hanno "das Nahen der unvergleichlichen Zeit" auf einem Abreisskalender verfolgt, den seine Kinderfrau angefertigt hat.

 

Der erste gedruckte Adventskalender wurde 1904 vom Münchner Verleger Gerhard Lang auf den Markt gebracht. Er bestand aus einem Bogen mit 24 Bildern zum Ausschneiden und einem Karton mit 24 Feldern zum Aufkleben. In der Adventszeit durften die Kinder jeden Tag ein Bild ausschneiden und in ein Feld kleben. Bis 1930 genoss die lithografische Anstalt von Reichold & Lang in München den Ruf, die kunstreichsten und fantasievollsten Adventskalender herauszugeben.

 

Nach 1945 hatte ein evangelischer Pfarrer die Idee, hinter 24 Türchen Bilder mit Gestalten aus biblischen Geschichten zu verstecken.

 

Ab 1950 wurde der Adventskalender ein preisgünstiger Massenartikel. Als Motiv dienten meistens romantisch verschneite Städtchen. Hinter dem grössten Fenster am 24. Dezember verbarg sich meistens eine Krippenszene. 1958 gab es die ersten mit Schokolade gefüllten Kalender. Die im Handel als Massenartikel angebotenen Adventskalender sind von einer grossen Vielfalt. Es gibt Kalender, die künstlerisch sehr schön gestaltet sind. Mehrheitlich aber muss man diese unter Kitsch und Ramsch einstufen. Aber was soll’s, denn die Kinder lieben diese Kalender. Adventskalender werden heute weltweit vermarktet. Die Motive müssen daher auf allen Kontinenten verstanden werden. Statt Jesus, Maria und Josef findet man inzwischen Bären, Bambis, Landschaften und viele andere Darstellungen. Internetkalender sind meist für Erwachsene bestimmten und oft mit schöner Musik und tiefsinnigen Texten aufwendig gestaltet.

 

Das heutige Massenangebot an Kalendern ohne Aussage ruft unweigerlich nach selbst gebastelten Kalendern und/oder Adventsfenstern, wie dies in unserer Region eine liebevolle gepflegte Tradition geworden ist. Dies gibt Gelegenheit, die weihnachtliche Aussage künstlerisch zu formulieren. In vielen Gemeinden rund um den Bodensee entstehen im Dezember Adventsfenster und schmücken die Dörfer. 

Bei uns in Scherzingen wird vom ersten Dezember an, während 24 Tagen, jeden Tag ein neues Fenster künstlerisch gestaltet. Diese Fenster werden ab Eindunkelung hinterleuchtet und strahlen ihre warme Farbe bis ca. 22.00 Uhr hinaus in die dunkle Nacht. 

Menschen mit Freude an der vorweihnachtlichen Zeit spazieren am Abend durchs Dorf und besichtigen die vielen liebevoll gestalteten Fenster. Bei Familien und Institutionen, welche zu einem Umtrunk einladen, ist dies vermerkt. Es macht Freude bei einem feinen Getränk gemütlich zu plaudern, von Selbstgebackenem zu naschen und dabei das stimmungsvolle Weihnachtsambiente zu geniessen! 

Wir wünschen unseren Kindern, Grosskindern, Freunden, Bekannten und Passanten eine frohe und gesegnete Weihnachtszeit mit vielen guten Begegnungen und Gesprächen. 

im Dezember 2006 / SEE und oph