Havanna wirkt auf uns wie der Körper eines alten verbrauchten Menschen: voller Runzeln, Narben in zerrissenen Hosen, die von der Sonne gebleicht sind. Da und dort gibt es auch Farbe, um das alles zuzudecken. Es gibt wunderschöne, alte, leider zerfallende Kolonialbauten, deren ursprüngliche Schönheit im warmen Licht der untergehenden Sonne erahnt werden kann. Renovationen sind vor allem dank der Gelder der UNESCO und den seit einiger Zeit existierenden Joint Ventures zwischen kubanischen Staatsbetriebe und ausländischen Firmen möglich. Bei diesen Abkommen behält der Staat stets die Mehrheitsrechte von mindestens 51% in seinen Händen, während der Investor 100% des nötigen Kapitals stellt.

Das Angebot an Wohnraum ist sowohl quantitativ wie qualitativ absolut ungenügend. Seit Anfang 2012 ist es erlaubt, privaten Wohnraum zu kaufen. Erste Anzeichen eines Immobilienmarktes kann man am Samstagvormittag unter den Bäumen auf dem Prado beobachten. Allerdings hat der Durchschnittskubaner die nötigen Finanzmittel nicht, um eine Eigentumswohnung oder gar ein Haus zu erstehen! Wenn ein/e Kubaner/in eine grössere/kleinere Wohnung braucht, versucht er daher auf dem Prado weiterhin seine bisherigen Wohnung gegen eine geeignetere Wohnung zu tauschen. Als Ausländer wird man aber auf diesem Immobilien“markt“ sehr schnell darauf angesprochen, ob man nicht ein Domizil in Havanna kaufen möchte.

Havanna wirkte auf uns sehr laut, denn die uralten Autos und LKWs stinken nicht nur, sondern sie rattern und dröhnen auch meistens beträchtlich. Zudem unterhalten sich die Menschen temperamentvoll. In jeder Gruppe scheinen zudem alle gleichzeitig zu sprechen. Da bleibt den Strassenhändlern keine andere Wahl, als ihre Produkte lauthals anzubieten.

Diese Stadt ist faszinierend und bedrückend gleichzeitig, aber auf jeden Fall einen ausgedehnten Besuch wert.


oph und SEE 04/2012

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