6. Drehorgeltreffen in Dijon vom 16. - 24.September 2006 

Einmal mehr folgten zahlreiche Menschen aus Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Italien, den Niederlanden, Österreich und der Schweiz der Einladung zum Festival in Dijon. Die Organisatoren: Gérard Decorey, Fabrice Catinot, Yves Etierant und Gérard Guitto konnten daher mehr als  200 verschiedene mechanische Instrumente in den Strassen und Gässchen der Altstadt verteilt spielen lassen. Dieses Drehorgelfestival soll das grösste Drehorgeltreffen Europas sein, ist aber trotzdem geprägt von sehr viel Herzlichkeit von Seiten der Organisatoren und ihrer enorm grossen Schar von freiwilligen Helfern.  

 

Die Bewohner der Stadt und der Umgebung besuchen diesen Anlass in grosser Anzahl, was natürlich auch dadurch gefördert wird, dass alle Darbietungen- dank grosszügiger öffentlicher und privater Sponsoren- prinzipiell gratis besucht werden können. Das Festival hat sich in ganz Europa einen guten Namen erworben, was sich darin zeigt, dass Touristen von weit her speziell für diesen Anlass nach Dijon reisen. 

Die Vielfalt der Drehorgeln und mechanischen Musikinstrumente ist beeindruckend sowohl was die Tonqualitäten als auch die Grösse der Instrumente betrifft. Die kleinsten Orgeln, Serinetten genannt, haben nur wenige Pfeifen und lassen sich problemlos herumtragen, während die grösste Orgel der Welt, von der Firma Verbeek gebaut, 10 Meter lang und 4 Meter breit ist und auf einem Anhänger von einem grossen Lastwagen gezogen wird.

 

Diese Orgel heisst Victory und spielt Musik mit weit über 1000 Pfeifen. Dank der Faszination, die von dieser gewaltigen Orgel ausgeht, standen auf dem Place de la Libération immer viele Bewunderer um sie herum. Aber auch die von Hand betriebenen Instrumente der Strassensänger vermochten die Besucher zu fesseln. Die Französischen Spieler verstehen es ausgezeichnet, das traditionelle Liedgut ihrer Heimat zu pflegen und zusammen mit den singfreudigen Besuchern vorzutragen. 

 Es ist erfreulich, wie gut verankert diese Lieder in weiten Kreisen des französischen Volkes noch sind! Aber auch Lieder aus fremden Ländern hören die Franzosen gerne, wenn sie mit angenehmer Stimme und einem Lächeln vorgetragen werden.  

Wenn auch der Text unverständlich ist, ein Jodellied aus der Schweiz z.B. erfreut die Zuhörer immer und wird mit Beifall und anerkennenden Worten verdankt. 

Die meisten Drehorgelspieler tragen passend zu ihren Instrumenten nationale Trachten oder Kleider aus der Epoche um 1900. Das ergibt zusammen mit den farbenfrohen Instrumenten ein buntes Bild, was die Freude der Besucher noch erhöht.

Dieses Jahr erlebten allerdings einige Spieler, dass Musik offenbar die Nerven der Anwohner des Stadtkerns auch strapazieren kann. Die Gruppe wurde aus einem Fenster mit einem tüchtigen Schwall Wasser übergossen und zog es darauf vor, diese Strassenseite für den Rest des Anlasses zu meiden! Vielleicht wollte die Wassergiessende Person aber lediglich an eine alte Tradition anknüpfen. In früheren Jahrhunderten wurden Leierkasten Spieler öfter mit dem Inhalt des Nachttopfes vertrieben, um ihnen keine "milde Gabe" geben zu müssen. Im Gegensatz zu jenen bedauernswerten Opfern, die versuchten, mit dem Leierkasten ihren Lebensunterhalt zu erspielen, müssen sich die Spieler in Dijon keine Sorgen machen. Sie sind 4 Tage lang Gäste der Organisation "Dijcolorg", werden in Hotels untergebracht und wirklich bestens verköstigt. Das ist in keiner Hinsicht selbstverständlich und wird von den Teilnehmern auch sehr geschätzt! Möglich ist diese aussergewöhnliche Gastfreundschaft allerdings nur, weil die erfahrenen Organisatoren es verstehen, immer wieder grosszügige Sponsoren zu finden. 

Unter den über 200 verschiedenen Orgeln gibt es natürlich viele, die man gerne für ein Detail erwähnen möchte. Da dies den Rahmen dieses Berichtes bei weitem übersteigt, beschränken wir uns auf ein paar Gedanken und Beobachtungen zu unserer eigenen Strassenorgel Pigalle.

Die Pigalle ist eine von Jan Bakker 1989 gebaute Orgel, die mit ihren lediglich 21 Ton- und 6 Rhythmusstufen relativ schmalspurig scheint, aber auch dank neuartiger Musikarrangements erfreulich wohlklingend und abwechslungsreich tönt (Chansons, Jazz, Rock, Boogie-Woogie etc. von Komponisten seit dem Anfang des 20. Jahrhunderts). Da das grosse Schwungrad aus Überzeugung noch immer von Hand gedreht wird, bleiben immer zahlreiche Besucher bei der Pigalle stehen. Für das Publikum ist es eine besondere Freude, dass das Schwungrad von jedem gedreht werden darf, der die dazu nötige Kraft aufbringt! 

 Als aktive Teilnehmer am Festival von Dijon hat mal natürlich wenig Zeit, um die exzellenten Vorführungen von bekannten Drehorgelvirtuosen zu geniessen, es sei denn, man kommt schon 2 Tage früher in Dijon an und besucht die Gratisaufführungen als gewöhnlicher Text und bilderTourist. Da wir natürlich auch einige der erfreulichen Gesangsdarbietungen der Strassensänger und Sängerinnen erleben wollen, sind wir immer glücklich darüber, dass Freunde unter den Drehorgelspielern sehr gerne die Pigalle und das spielfreudige Publikum eine Weile betreuen, damit wir uns selber in den zahlreichen Gassen der Innenstadt umsehen können. All diesen Helfern sei hier nochmals unser herzlicher Dank ausgesprochen! 

Eine Teilnahme am Drehorgel Festival in Dijon ist für uns jedes Mal ein Höhepunkt, den wir nicht missen möchten, solange es die Kräfte zulassen. Wir bedanken uns ganz herzlich bei den Organisatoren und ihren Helfern und bei den Besuchern des Anlasses, ohne deren begeistertes Mitmachen das Treffen nur halb so schön wäre. 

Dijon je t'aime! Wir sind beim Jubiläumstreffen 2009 gerne wieder dabei! 

Text und Bilder: see und oph 10/2006