Drehorgel spielen heisst nicht nur drehen

von RENATA EGLI-GERBER / Thurgauer Zeitung 18.05.2007 

Am Sonntag, 20. Mai, um 17 Uhr findet in der reformierten Kirche Scherzingen. ein musikalischer Anlass statt, der im Thurgau eine Neuheit ist: ein Konzert für Drehorgel und Jazzband. 

Nur gerade fünf Drehorgeln von diesem Typ existieren auf der ganzen Welt, berichtet Esther Meyre Müller stolz über «ihr» Instrument in der Scherzinger Kirche. Erbauer ist der Franzose Emmanuel Odin. Die Orgel, deren Bau zwei Jahre dauerte, hat 42 Töne und 138 Pfeifen. Das besondere an diesem mechanischen Instrument sind jedoch die zwölf Achtfuss-Basspfeifen, die einem Walzer erst die - richtige Lüpfigkeit verleihen. Mittels Lochkartensystem - der Urform des heutigen Computerspeichers - sind die Musikstücke aufgezeichnet, die durch den Drehmechanismus zum Klingen gebracht werden:

Dabei könne man aber nicht einfach nur am Rad drehen, erklärt die Scherzingerin. Die Bewegungen müssen gleichmässig sein, darum übe sie mit dem Metronom. Besondere Konzentration erfordere das Zusammenspiel mit anderen Instrumenten. Für das Konzert am Sonntag mit Moritz Peter und seiner Jazzband wurde intensiv geprobt. Es spielen Moritz Peter (Saxofon und Klarinette), William Chabbey (Gitarre), Emmanuel Chabbey (Kontrabass) und Laurent Series (Drums). Das Quartett spielte bereits an verschiedenen Anlässen in Kreuzlingen und Konstanz und ist wie Esther Meyre Müller und ihr Instrument mit Frankreich verbunden. 

Paris und Scherzingen

Moritz Peter ist am Bodensee aufgewachsen und lebt in Paris und Scherzingen. Am stylübergreifenden Konzert, für das kein Eintritt, sondern nur eine Kollekte erhoben wird, spielt er mit seiner Band Eigenkompositionen. Die Band ist extra von Paris angereist. Peter begleitet die Drehorgelspielerin, die auch solistisch auftritt. Hierbei spielt sie Musikstücke, die alle von den Pariser Musikern Pierre Charial und Antoine Bitran für diesen Typ Orgel arrangiert und gestanzt wurden. Die vollberuflichen Arrangeure und Stanzer bedienen sich für ihre Arbeit des Computers. Ihre Arbeit besteht darin, geeignete Melodien aus Klassik und Unterhaltungsmusik den Möglichkeiten von Drehorgeln anzupassen. Die Leidenschaft für Leierkästen und Drehorgeln habe Lebenspartner Peter Hauser in ihr Leben gebracht, erklärt Esther Meyre. Mit ihm zusammen besucht sie Drehorgelfestivals in Dijon sowie in anderen Städten und betätigt sich auch hie und da als Strassensängerin. Bei Schweizer Volksliedern und einem Jodel ist ihr dann der begeisterte Beifall sicher.

Volle Konzentration: Esther Meyre Müller und Moritz Peter proben für das anstehende Konzert.